Historische Schlossgärtnerei

»Es ist ein eigentümlicher Apparat«, sagte der Offizier zu dem Forschungsreisenden und überblickte mit einem gewissermaßen bewundernden Blick den ihm doch wohlbekannten Apparat.

Erste Belege für eine gärtnerische Nutzung des Gutes Branitz stammen von Ende des 17. Jahrhunderts, als es in den Besitz der Familie Pückler gelangte. Rings um das Schloss waren Küchengärten, Obstgärten, ein Lustgarten sowie der Bürgergarten angeordnet. Ab 1784 residierte die Familie Pückler in Muskau, das Gut Branitz war verpachtet. Nach Verkauf des Muskauer Besitzes 1845 kehrte Hermann Fürst von Pückler-Muskau nach Branitz zurück. Zur Gestaltung des Parks mussten Anzuchtflächen für Blumen und Stauden, eine Baumschule und Gewächshäuser geschaffen werden.

Zunächst sollte die neue Gärtnerei beim Vorwerk entstehen. Hier, im alten Küchengarten, wurde 1846 auch ein erstes Gewächshaus errichtet und bis zum Bau der neuen Gewächshäuser für die Anzucht von Ananas, Blumen und Champignons genutzt. Nach Meinung der Fürstin Lucie sollte die Gärtnerei jedoch den Park zieren und nicht beim Wirtschaftshof gelegen sein, sodass der endgültige Standort weiter westlich liegt. 1848/49 entstand hier das Oberhaus, welches nicht nur der Überwinterung von Kübelpflanzen und dem Weinbau, sondern auch als Gärtnerwohnung diente. Ausgestattet war es mit Schiebefenstern im Glasdach, einer Heizung sowie einem Schattenrollo.

In den folgenden Jahren wurden noch zahlreiche weitere Gebäude in der Schlossgärtnerei errichtet, beispielsweise Gewächshäuser zur Ananaszucht, der Torfschuppen, in welchem Torf als Heizmaterial für die Gewächshäuser gelagert wurde, und das Blaue Haus. Dieses ist nach dem blauen Glas benannt, mit dem es eingedeckt war. In ihm erfolgte die Anzucht von Sommerblumen und Stauden für den Pleasureground und die Überwinterung exotischer Pflanzen. Fertig gestellt wurde der neue Gewächshauskomplex 1860 mit dem Blumensalon am Blumensee.

Drei der Gewächshäuser in der Schlossgärtnerei sowie einige beheizbare Frühbeete dienten der Ananaszucht. Im Ananas-Anzuchthaus ließ man die Stecklinge im ersten Jahr bewurzeln, das zweite Jahr verbrachten sie im großen Ananashaus. Im dritten Jahr wurden die Pflanzen erneut in ein anderes Gewächshaus umgepflanzt, wo sie bei Temperaturen um 30 Grad schließlich Früchte trugen. Die in Branitz geernteten Ananas-Früchte verschenkte Fürst Pückler gern an Damen aus seinem Bekanntenkreis, so auch an Augusta, die Kronprinzessin und spätere Königin von Preußen.

Neben den genannten Gebäuden gehörten zur Schlossgärtnerei auch eine Blumen- und eine Staudenschule, große Frühbeetanlagen, ein Zwergobstgarten, ein Küchengarten und eine Baumschule. 1854 ließ der Fürst zudem seine „Baumuniversität“ anlegen. Die hier angepflanzten Großbäume dienten dazu, kranke oder abgestorbene Bäume im Park jederzeit durch ein neues gesundes Exemplar ersetzen zu können. Tiefe Gräben um die Wurzelballen sollten das Verpflanzen der Bäume mittels eines Baumverpflanzwagens vereinfachen.

Nach Pücklers Tod 1871 übernahm sein Stiefcousin Graf Heinrich von Pückler Schloss und Park Branitz. Er wandelte die Schlossgärtnerei in eine Handelsgärtnerei um, sodass sie nicht mehr ausschließlich der Versorgung von Schloss und Park diente. Im Laufe der Jahre mussten mehrere Gewächshäuser aus baulichen Gründen bzw. aus Kostengründen abgerissen werden. Nach dem zweiten Weltkrieg erfolgte die Enteignung der Flächen und die Eingliederung der Gärtnerei in die LPG Branitz. Seit 1993 ist die Schlossgärtnerei wieder im Besitz der Stadt Cottbus und dient heute als Gärtnerstützpunkt und Betriebshof des Parks. Nach ihrer Sanierung werden Oberhaus und Blaues Haus wie schon zu Pücklers Zeiten zur Überwinterung von Kübelpflanzen genutzt, im Ananashaus erfolgt die Anzucht von Blumen für den Pleasureground. Auch die Staudenschule zwischen Blumensee, Blauem Haus und Ananashaus wurde 2003 wieder hergerichtet. Die Fundamente des Ananas-Anzuchthauses, eines weiteren der drei Gewächshäuser zur Ananastreiberei, konnten 2011 gefunden werden. Dieses Gewächshaus war vermutlich ebenso blau verglast wie das Blaue Haus.

Ebenfalls im Jahr 2011 wurde mit der „Baumuniversität“ des Fürsten Pückler das Herzstück der Branitzer Schlossgärtnerei in neu interpretierter Form wiederhergestellt. Wo Pückler einst Großbäume zur Verpflanzung in den Park bereithielt, werden nun genetisch identische Nachkommen der bedeutenden Parkgehölze nachgezogen und aufgeschult. So zum Beispiel die Pückler-Blut-Buche am Schloss, markante historische Grau-Pappeln und mit besonderer Rinde versehene Stiel-Eichen des Parks. Fällt einer dieser im Parkbild unverzichtbaren Solitärs aus, kann eine neue Generation am historischen Standort nachgepflanzt werden.

Quellen:
Text: Karola Weber / Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz
Bild: Die Gewächshäuser (Stahlstich von Poppel und Kurz, nach einer Zeichnung von Gottheil, 1857, Stiftung FPM)